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  ... und sie lernten sprechen

Von Avataren und virtuellen Welten im Arbeitsleben

im Dezember 2008, DG

CES-SecondLifeConference

Das die Informationstechnologien seit den 80er Jahren des
vorigen Jahrhunderts das Arbeitsleben revolutionierten, steht außer Frage: In keinem Arbeitsbereich, sei es das Büro oder in der Produktion, im Hospital oder im Kaufhaus, ist der Computer wegzudenken. Die technologische Entwicklung, die vom ersten Telegraphenmasten über das Telefon, die Schallplatte, das Radio, das Fernsehen, den Personal Computer, das Handy und zu guter letzt bis hin zum globalisierenden Internet reicht, zeichnet sich durch die Übertragung von alten Verfahrensweisen in die Computertechnologie aus. Dies Prinzip der Übertragung gängiger Arbeits- und Verfahrensweisen der realen Welt in computertechnologische Anwendungen beschränkt sich freilich nicht nur auf Arbeitsabläufe, sondern erfasst mittlerweile jeden Lebensbereich. Sei es nun die Buchführung, die heute mittels Programmen erledigt wird oder die private Foto- und Filmsammlung, sie sind übertragen in computertechnologische Anwendungen. Dass diese durch immer neue und ausgeklügeltere Programmmodifikationen die Verarbeitung alten Materials gefährden, täuscht nicht darüber hinweg, dass Aktenschränke und Schreibmaschinen einer vergangenen Epoche angehören.

Die Übertragung der vielfältigen Erscheinungen der Wirklichkeit in computertechnologische und schließlich virtuelle Anwendungen gebiert andererseits neue Möglichkeiten. So, wie die menschliche Wahrnehmung die äußere Wirklichkeit in den bewussten Vorstellungsraum abbildet, eröffnet sich durch die virtuelle Realitätsabbildung die Umgestaltung, Neuzusammensetzung und phantasievolle Gestaltung der bis an hin bekannten Wirklichkeit. Die Erweiterung und Zusammenlegung alter Verfahrensweisen kreiert neue und auch neue Anwendungen und Bedürfnisse. Zum Beispiel eine sogenannte Online Zeitung mit Wort, Bild, Ton und Video Beiträgen unterscheidet sich sowohl vom TV als auch von der Hard Print Ausgabe einer Zeitung. Sie bildet eine eigne Form und sie erfordert zur Herstellung eigne Techniken und Berufsqualifikationen und auf der Seite der Leser neue Rezeptions- und Verarbeitungsmöglichkeiten.

Mithin ist nicht nur eine fast uneingeschränkte Verwendung von computertechnischen Anwendungen in der Arbeitswelt festzustellen, sondern eine Verlagerung von Arbeitstätigkeiten in die virtuelle Welt des Online Computernetzes. Dies gilt ebenso für den Bereich der Personalwirtschaft. Interne Kommunikationsabläufe, Personaldatenverwaltung und Bearbeitung vollziehen sich heutzutage wie selbstverständlich mittels der modernen Computertechnologien. Wenn vor Jahren noch Online Bewerbung als avantgardistische Spinnerei von Computerfreaks angesehen wurde, dann scheint sie sich in der ersten Dekade des neuen Jahrtausends schon als normal durchgesetzt zu haben.

Der technologische Wandel im IT Bereich mutet immer wieder atemberaubend an. Ein moderner Laptop von heute verliert nicht nur innerhalb kürzester Zeit an Wert, weil schon leistungsstärkere Geräte auf den Markt drängen, sondern auch die auf ihn abgestimmten Programme, die mühsam erlernt wurden, um sie in den betrieblichen Abläufen effizient einzusetzen. Sie erweisen sich binnen kurzer Zeit als überholt und damit das Können und Wissen der Mitarbeiter. Trotz dieser permanenten Revolutionierung der in ihren Anfängen scheinenden Computertechnologie, scheint es möglich, Entwicklungswellen und Schübe in dieser rasanten Innovationsentwicklung unterscheiden zu können. Gemeint sind nicht die Modifikationen einer Anwendung, sondern die Revolutionierung eines ganzen Anwendungsbereiches. Nicht das noch bessere, ausgefeiltere Programm, sondern die Anwendung einer neuen Technologie ist gemeint. Vom Brief zur Email, vom ortsgebundenen Telefon zum losgelösten Handy bezeichnen solche Technologieschübe. Es scheint nun, dass sich im informationstechnologischen Bereich nach der Einführung des World Wide Web in der Mitte der 90er Jahre wiederum eine neue Entwicklungsschwelle abzeichnet.

Die bisherigen Internet Anwendungen basieren weitestgehend auf dem direkten Kontakt der Kommunikationsteilnehmer miteinander. Sei es das Emailing, das Chatten, aber auch das Surfen und Lesen, Hören und Sehen von Internetseiten und Inhalten: Person A nimmt die von Person B hinterlegten Infos direkt auf oder aber ist sogar im unmittelbaren Kontakt mit B (chat, online working, video conferences).

Die hier fokussierte neue Technologieentwicklung erfolgt aus dem Bereich der Online und Video Spiele, mithin aus dem Freizeitbereich, der seiner Natur nach vor allem von Lustfaktoren und weniger von Arbeitsnotwendigkeiten geprägt ist. Aus dieser Richtung erfolgen denn auch die als Entwertungen und Herabsetzungen auftretenden Widerstände gegen die Einführung entsprechender Technologien in den Arbeitsbereich. Das Argument, es handele sich um Kinderspielzeug, um nicht erwachsen gewordene Mitarbeiter, die nun mehr ihre Freizeitbeschäftigung auf ihr Arbeitsleben übertragen wollen, verbarrikadiert sich dabei hinter dem Anschein gängiger Seriosität. Die Abwertung und Bagatellisierung der neuen Technologien soll den Status quo und damit die eigne Position und den Wert des eigenen Könnens aufrecht erhalten.

Ich habe noch die öffentliche Diskussion der 80er Jahre in den Ohren, die derart die neue Computertechnologie verharmloste und in Abrede stellte. Sie ähnelt im übrigen der Debatte um die anthropogene Verursachung der Klimaerwärmung aufs genaueste. Es sind die in Position sich befindenden Kader, die ihrer baldigen Pensionierung entgegen sehen und unwillig sind, sich noch in ihren letzten Jahren eine neue Technologie aneignen zu müssen, noch einmal die Schulbank drücken zu müssen. Sie wollen ihre Ruhe und die Früchte ihrer Karriere ungestört genießen, wobei ein technologischer Schub sie empfindlich stört, gar bedroht.

Worum geht es? Auf der einen Seite kreieren die Online Video Spiele virtuelle Fantasiewelten, in denen die Teilnehmer verdrängten Urbedürfnissen mittels einer selbst gestalteten Spielfigur in Kriegs-, Märchen- und Fantasiespielen nachgehen. Die Spielfiguren werden Avatare genannt. Auf der anderen Seite wurden wirklichkeitsnähere Computersimulationen von Lebens- und Arbeitswelten entwickelt. Eine der bekanntesten dieser virtuellen Welten ist in der westlichen Hemisphäre unter dem Namen Second Life bekannt. Sie wird von der in San Francisco ansässigen und von Philip Rosedale gegründeten Unternehmung Linden Lab mittels eines Server Grids betrieben. Zu den Mitbewerbern von Second Life in der westlichen Hemisphäre zählen Active Worlds, von einigen als Gründerfirma des 3-D-Internetkonzepts 1997 betrachtet, Entropia Universe, There und Newcomern wie der Dotsoul Cyberpark.

Hervorzuheben ist, dass namhafte Firmen, Universitäten, Museen, Bibliotheken, Organisationen und selbst Staaten virtuelle Einrichtungen in Second Life aufgebaut haben. Derart verschiebt sich das Anwendungsspektrum der virtuellen Welten aus dem lustbetonten Bereich in den Arbeitsbereich. Sei es das Lernen von Sprachen, das Abhalten einer Konferenz oder eines Geschäftsmeetings, das Agieren mittels eines Avatars kann sich schon heute im Verhältnis zur Verwendung von Telefon, Email und Surfen als effektiver erweisen.

Dennoch scheint sich im Laufe des letzten Jahres eine Ernüchterung im Geschäftsbereich eingestellt zu haben. Der Hype, den eine neue Technologie wie SL bietet, wich einer Konsolidierungsphase, die nun mehr durch das neue technische Feature des Sprachtools abgelöst wird: Die Avatare können sich unmittelbar miteinander unterhalten und mündlich in Kontakt kommen. Welche Möglichkeiten ergeben sich durch die Einführung dieses Sprachtools für virtuelle Web-Plattformen wie SecondLife?

Wenn die Avatar-Methode bisher eine räumliche online-Erkundung und schriftliche Kontaktaufnahme im virtuellen Raum ermöglichte, so eröffnet die Einführung sprachlicher Kommunikation die unmittelbare Interaktion der virtuellen Akteure. Es können Konferenzen abgehalten, Seminare gegeben und Gespräche geführt werden und zwar im virtuellen Raum. Dieser überbrückt vor allem räumliche Distanzen. Menschen von den unterschiedlichsten Standorten können einander im virtuellen Raum begegnen und in Beziehung treten.

Zur Demonstration von Second Life finden Sie nachfolgend 2 kurze Video Beiträge in YouTube vor:

  1. Zur Einführung vom Schweizer Fernsehen einen 6 Minuten Beitrag vom Juni 2007, noch ohne das Sprachtool : Kulturplatz SecondLife

  2. ein Ausflug in ein Second Life Büro: e-office in Bristol, England, 4 Minuten, das schlicht einen modernen Arbeitsplatz in der postmodernen Arbeitswelt in Second Life darstellt.


Quellen:

http://de.wikipedia.org/wiki/Linden_Lab, 22-11-2008

http://de.wikipedia.org/wiki/Second_Life, 22-11-2008



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