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Slow down

5. September 2009, Genf, DG, 3. UN Weltklima Konferenz, Eröffnung des High Level Segments

Hurican

Nach dem an den Tagen zuvor das Fußvolk, sprich die globale Elite der Wissenschaft im Feld des Klimawandels und der Meteorologie auf der 3. Weltklima Konferenz tagte, sind die letzten beiden Tage dieser drittklassigen UNO Konferenz den Regierungschefs und ihren Delegationen, also dem sogenannten High Level Segment vorbehalten. High Level und normales Niveau, stellt eine typische Untergliederung der UNO auf ihren Konferenzen dar. Dem entsprechend war der große Saal des Genfer Kongress Zentrums ausschließlich den politischen Delegationsteilnehmern vorbehalten. In Nebensälen sollten die anderen Konferenzteilnehmer die Statements der Regierungschefs verfolgen. Gerd Brand, unser Korrespondent von Welten online, fand dennoch oben in den Rängen einen Platz, neben einer Frau, die irritiert von ihrem Handy aufblickte, als er sich neben sie setzte: „Hey, I am Barbara from the WMO,“ sagte sie. „Nice to meet you.“ Auch Gerd stellte sich vor, er sei ein Schreiberling. Ihm gefiel, dass sich ihm diese fremde Frau vorstellte und sie sich ein wenig austauschen konnten. Als Wellenbrecher im Strom der Anonymität unterbrach sie quasi die Einbahnstraße des Kommunikationsflusses vom High Level runter in die niederen Gefilde. Als Barbara sich wieder ihrer text message zuwandte, versuchte Gerd es gleichfalls. Hinter ihm saß ein fremdländisch ausschauender junger Mann: „Hey, I am Gerd, a Journalist. Nice to meet you.“ Auch dieser Mann schien erfreut die Anonymität überwinden zu können. Er kam aus dem Oman, saß mit seiner Gruppe in einer Reihe, hatte mit Wasserwirtschaft als Civil Engineer zu tun und war entsprechend neugierig, was es mit Gerd auf sich hatte. Während dessen sammelten sich unten die hochrangigen Regierungsvertreter aus Bangladesh, Tansania, der Schweiz, Tadschikistan, und anderen Non-G20-Staaten, also für die Globalwirtschaft unbedeutende Länder. Diese 3. Weltklima Konferenz konnte sich allenfalls als Vorbereitungskonferenz zu der Ende Jahr in Kopenhagen anberaumten 15. UN Klima Konferenz verstehen. Die Eröffnungsreden wurden von Ban Ki-Mon, UN General Sekretär, Moritz Leuenberger, Schweizer Bundesrat, Rajendra Pachauri vom Intergovernmental Panel of Climate Change (IPCC) sowie Michael Jarraud, President of the World Meteorological Organization, gehalten. Gerd Brand fiel insbesondere der Tonfall ihrer Reden auf: durchweg dringlich, Folgsamkeit einfordernd, die Bedeutsamkeit dieser 3. Weltklima Konferenz und der im Dezember nachfolgenden 15. UN Klima Konferenz in Kopenhagen heraus streichend. Kopenhagen, die Nachfolgekonferenz, war in aller Munde, dort sollten Ende Jahr vom High Level Segment die Vereinbarungen zur Reduzierung der globalen CO2 Emissionen unterzeichnet werden. Mithin bewegten sich die High Level Akteure von Gipfeli zu Gipfeli, wobei es ihnen vor allem darum ging, die Medien, sprich die Fernseh Kommentatoren und Journalisten mit zu ziehen. Es sollten möglichst eingearbeitete Leute sein, die wiederkäuten und die an sie übermittelten Infos verbreiteten. Der UN General Sekretär Ban Ki-Mon, von dessen hohem Amt und Wirken möglichst ehrwürdig zu sprechen war, wollte der Menschheitsanspruch der United Nations getroffen werden, gab Gerd Brand nach seinen G8 Erfahrungen in L´Aquila zu denken. Bislang hatten für Brand die United Nations einen Monopolanspruch inne gehabt, wenn es sich um Fragen handelte, die die Menschheit in ihrer Gesamtheit betrafen. Die G8 und G20 Summits machten jedoch deutlich, dass es außerhalb der UNO Foren gab, die maßgebliche Politiken beschlossen. Ohne Zweifel blieben die United Nations weiterhin eine bedeutsame Globalinstitution, aber wenn sich die ökonomisch und militärisch mächtigen Länder in ihr nicht mehr entsprechend artikulieren und durchsetzen konnten, mussten sie sich andere Foren suchen. Die UNO, aufgestiegen zum höchsten Niveau einer die ehernen Menschheitsideale propagierende Einrichtung, in dem sie herab gesunken ist zum ohnmächtigen Sprachrohr der Dritten Welt, der Entwicklungsländer, der Armen und Hilfsbedürftigen. Ihr geht zunehmend Einfluss und Macht abhanden, die nötig wäre, sich Gehör und Durchsetzungskraft in den maßgeblichen Ländern der Finanz- und Wirtschaftszentren zu verschaffen.

Dem entsprechend reduzierte sich die Reputation des UNO General Sekretärs auf einen unter anderen Globalakteuren. Gerd Brand sah ihn, den Menschen Ban Ki-Mon vorne am Rednerpult stehen, eine kleine, schmale Gestalt, die zig fach vergrößert auf einer Leinwand hinter ihm erschien. Ban Ki Mon berichtete, er habe nun mit eignen Augen die Auswirkungen der Ökokatastrophe gesehen und sei erschrocken. Die Norweger zeigten ihm das Ausmaß der arktischen Gletscherschmelze, die Brasilianer die Feuerrodungen des tropischen Amazonasdschungels und in Bangladesh habe er die bevorstehende Überflutung des Mündungsdeltas des Ganges gesehen. Kameraschwenk auf die Prime Minister of Bangladesh, Mrs Sheik Hasina Wajed, die betroffen und bestätigend angesichts seiner Worte lächelt. Ja, er hat es nun mit eigenen Augen gesehen, sozusagen erfahren und nicht nur gelesen und im Fernsehen gesehen und auf Konferenzen gehört. Ban Ki Mon, dieser Schreibtischtäter, dieser Verwaltungsmensch, schmalbrüstig und intellektuell, weiß wovon er redet. Seine Ansprache in koreanischem Englisch gerät zu einzeln heraus geschleuderten Sätzen:

Only 50 days are left.
The list is long, the time is short.
One meter, 250 Mio. dead
We know, what is to do, now it is time to do it.
Act now.
Copenhagen seal the deal

Aus diesen heraus gehauenen Sätzen ließe sich ein Rap Song dichten. Seine Rede soll Druck machen, einen Druck, der aus dem High Level Segment kommt und über die Massenmedien die Menschen, die Ministerialbürokraten und schließlich die Regierungschefs erfasst, auf dass sie die richtigen Beschlüsse zur Rettung dieser wunderschönen Erde treffen. So, wie dieser Verwaltungsdiplomat Ban Ki Mon argumentiert, arbeitet sowohl die UNO als auch die G8 und G20: Von oben herab, basierend auf wissenschaftlicher Erkenntnis und im Glauben daran, mit einem Federstrich unter einen Vertrag den Lauf der Dinge auf dieser Welt zu verändern. Derart manifestiert sich durch die Person nicht nur dieses UN General Sekretärs ein Autokratismus, eine Top-Down Ideologie, die von der Diffusion des Guten, des Heils, des Fortschritts auf dieser Welt ausgeht, wenn die da Oben es entschieden haben. Gerade für Demokratien, in denen der Bürger der Souverän ist, erweist sich ein solcher Glaube an die Entscheidungsmacht der Hierarchiespitze als entmündigend und letztlich als ein auf Befehl und Gehorsam aufbauendes Globalsystem. Mithin zeigt sich die UNO als Handlanger einer Ökodiktatur und kann dafür nur Ablehnung ernten.

Fällt nun jedoch der Blick auf die in Frage stehende Sache, die globale Öko-Katastrophe, so erklärt sich die dringende Notwendigkeit, sprich der politische Handlungsdruck. Die wissenschaftliche Evidenz, in diesem Fall die meteorologischen Erkenntnisse des anthropogen verursachten Klimawandels sind überwältigend: Treibhaus Effekt, Anstieg des Meeresspiegels, Dürren, Hungersnöte, Wassermangel. Aber war der politische Handlungsdruck jemals irgendwann nicht berechtigt und vernünftig? Gab es je einen Krieg, der nicht aus legitimen Gründen geführt wurde? So zu tun, als würde die auf dieser Weltklima Konferenz beschlossene Einsetzung einer Task Force von 12 wissenschaftlichen Experten mit der Aufgabe, innerhalb eines Jahres einen Bericht abzuliefern und Handlungsvorschläge zu unterbreiten, ein Schritt sein, der die globalen Umweltprobleme einer Lösung näher bringe, der muss sich fragen lassen, was wurde in den Jahren zuvor auf all den vielen Konferenzen beschlossen? Rajendra Pachauri vom IPCC sowie Michael Jarraud vom WMO haben darauf positive Antworten, sie weisen auf die vielen Erfolge der letzten Jahre hin. Ohne Frage wurde einiges erreicht, die Ökokatastrophe ist damit jedoch nicht gelöst. Weder wird sich der CO2 Ausstoß in den nächsten Jahren dramatisch senken noch das weitere Abschmelzen der Polkappen aufhalten lassen. Vielmehr gilt es, der Wahrheit ins Auge zu schauen: Der Klimawandel läuft, der Naturressourcen Verbrauch kommt an seine Grenzen und das auf Profitmaximierung basierende Finanzsystem der auf Wachstum getrimmten Carbon Wirtschaft kollabiert mit platzenden Eiterblasen zyklischer Krisen, während die Überbevölkerung, gleich Raubameisen, den Planeten kahl frisst. Angebracht wären Überlegungen, ob verschwindend kleine Teile der Menschheit sich über die Katastrophe hinweg retten lassen und welche Mittel ihnen an die Hand gegeben werden könnten. Das biblische Arche Noah Prinzip könnte angesichts apokalyptischer Aussichten die Matrize für solche Ideen liefern. Freilich ist von Weltuntergangsstimmung auf der 3. WCC nichts zu verspüren. Die Meteorologen, ein feines Völkchen gediegener, also wohlhabender Naturwissenschaftler, vermögen es vielmehr, ihre Wissenschaft mit Finanzakquirierung für Projekte zur Rettung des Planeten: Global Services, Global Meterological Task Force, in einen Aktivismus zu überführen, der hinweg täuscht über die Konsequenzen des in Gang gekommenen Klimawandels mit seinen katastrophalen Auswirkungen. In all Jahren der Diskussionen über die Öko-Katastrophe, über die zur Gewohnheit gewordenen Horrormeldungen von schmelzenden Polkappen, steigenden Meeresspiegeln – im Plural, verhält er sich doch jeweils zum Höhenniveau des jeweiligen Deiches, wenn es den einen hat – von zunehmender Hurrikananzahl, von versteppenden Seen, Dürren, Überflutungen, scheint das Ganze aus den Augen geraten zu sein: Eine Erde, deren ökologisches System aus dem Gleichgewicht gekommen ist. Wer kann sich schon die Erde als ein Ganzes vorstellen? Und dann die Menschheit in ihren unzähligen Erscheinungen mit ihrem vielfältigen Überlebenswillen? Dumpf, so als bilde es die Grenze des kollektiven Vorstellungsvermögens, taucht vielmehr als ein dunkler Schatten die Ahnung auf, wie sich die Abläufe gestalten können, die diesen grünen Planeten Erde unbewohnbar und leblos zu einem unter anderen Gesteinsbrocken im Universum machen.

Es mag an der Wahrnehmung unseres Korrespondenten Gerd Brand liegen, der die Anteile seines persönlichen Weltunterganges – denkt man mit fortgeschrittenem Alter doch mehr über den Tod nach – unreflektiert auf die Möglichkeit des ökologischen Kollaps der Erde projiziert. Dass ihm die Unabänderlichkeit einer der atomaren Kettenreaktion vergleichbaren Entwicklung am Vorstellungshorizont aufscheint, nur unsäglich langsamer, so dass sie sich der subjektiven Wahrnehmung entzieht, ist jedoch nur die faktische, naturwissenschaftliche Seite dieser Entwicklungen. Auf der anderen Seite geht es nämlich um die gesellschaftliche Umgehensweise mit dem Klimawandel, konkret um die global gesellschaftliche Reaktionszeit zwischen menschheitlicher Wahrnehmung einer das Ganze der Erde betreffenden Erscheinung und der Ergreifung von entsprechenden Maßnahmen. Es ist nicht damit getan, den Vergleich zu ziehen mit der Wahrnehmung eines Hindernisses auf der Autobahn, der Reaktionszeit und dem Bremsweg, es bleibt vielmehr festzustellen, dass die Menschheit im 21. Jahrhundert erstmals damit konfrontiert ist, Entscheidungen und Maßnahmen, die den ganzen Planeten betreffen, zu fällen. Die mit der UNO und dem Völkerbund entstandenen Institutionen und Regeln sind wahrlich noch nicht ausgereift für ein solches Unterfangen. Mithin, die Menschheit hat auch die Chance an ihren Problemen zu wachsen. Tut sie es nicht, nun denn, es sind schon andere Spezies als der Homo sapiens von der Bildfläche verschwunden.

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