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Zur Zukunft Deutschlands

Life Stream eines Brainstorms im Bundeskanzleramt, Berlin im August 2012 von Sabrina Moserbacher

Angela Merkel

Nach dem gestern der Kollege Außenminister, Guido Westerwelle, FDP, auf der alljährlichen Botschafterkonferenz im Auswärtigen Amt zur Zukunft Europas parlierte, heute die Bundeskanzlerin vor distinguiertem Publikum aus universitären Zirkeln im Bundeskanzleramt zum Thema der Zukunft Deutschlands und zwar vor allem aus sozialwissenschaftlicher, also psychologischer, pädagogischer, verwaltungstechnischer, rechtlicher sowie juristischer bis kriminologischer Sicht. Wie immer TV gerecht geschminkt, was immer etwas blass und gepudert wirkt, spricht die Bundeskanzlerin über ihr neues Buch, das ihr die anwesenden Experten schrieben.

Es sind dezidierte Vorschläge, 300 an der Zahl, die ihr dieser Zukunftsdialog einbrachte. Erfolgreich soll die Zukunft Deutschlands sein, so erfolgreich wie das Buch, wie diese Experten, wie Prof. Henning mit seiner Frage: Wovon wollen wir leben?, woraufhin Henning durch Mehrfachnennung bekannt gemacht, schweigt und anstatt dessen Frau Prof. Walper, Sabine, weiter fragt: Wie wollen wir zusammen leben?, an die sich Prof. Breidenbach mit seiner Frage hängt: Wie wollen wir lernen?, was er ganz genau studierte er es bei Henning guckte es bei Sabine ab, denn Henning dürfte nicht der KiP Prof. aus Halle heißt Hennig hört die Bundeskanzlerin, während sie, das Kinn im Nacken, liest und dann die Akten unterschreibend weg schiebt sie andere Gedanken beim Zuhören in der Familie am Tisch Visionen des Zusammenlebens der Generationen solidarischer Gemeinschaften bilden die Kernzelle ist und bleibt die Familie ist die Mutter und ihr Kind hat eine Oma ist der Tenor einer Randerscheinung in Südafrika sieht man Deutschland in den Augen Zumas stehen viele Fragen beantwortet die Intelligenzia, denn Frau Prof. weiß, wovon sie spricht geschliffen, rund und sauber wie ein Kinderpopo und ist sogleich autoritär: Hau!, fordert sie auf, drohend das Gegenteil meinend, um dann einzulenken und sich als dumme Gans, als Blondine, als Brillenschlange über ihre Fragen, ihre Antworten vertieft zieht sie über die Bundeskanzlerin her, in deren Gesicht steht der Finanzminister, was sie alt und männlich erscheinen lässt, weshalb die wahre Gesellschaftswährung „Anerkennung“ Entlastung bringt Anerkennung ist ein ganz natürliches Produkt menschlichen Seins und kann doch von jedem gegeben und genommen werden, wie das Buch zu diesem Dialog mit einem Autogramm der Bundeskanzlerin passte es zur Sammlung meines Onkels und stünde als Geschenk neben Franz Josef, denn die Familie, die letzte, die erste Entität unserer Gesellschaft ist ein Chemiebaukasten voller Experimente mit immer neuen Ergebnissen, die erfolgreich sein sollen und, wie die Branche zeigt, sind.

Das ist ihr Moment, sagt der Moderator. Sie dürfen sich äußern, dürfen der Bundeskanzlerin und der erlauchten Gesellschaft Fragen stellen. Schweigen, dann, da, doch einer, den es ins Licht zieht mit seiner Sache, einer Langzeitstudie des Entwicklungspsychologen an der Humboldt Universität. Aufmerksam guckt die Bundeskanzlerin als wäre sie die Barbiersfrau aus dem Pancatantra, der die Nase abgeschnitten wurde, so dass ihr nun eine SchönheitsOP à la Michael Jackson bevor steht der akademischen Kollegin, dass der Beobachter solcher Wahrnehmungen lernfähig sei unter Bedingungen, die es zu verbessern gelte und wofür mehr als nur Anerkennungswährung notwendig sei sie auch, wenn diese, so Konsens, der treibende Motor wäre, wobei die Nase zum Näschen wird und anstupsend bei facebook weiter schnuppert, was es zu erschnuppern gibt in diesen so diversen, multiplen und auf komplexeste Weise verschachtelten Zusammenhängen, die Tendenzen aufweisen, die von den einen so und von den anderen so, nämlich von den einen als Gewalt und von den anderen als lustvolle Lebensentfaltung erfahren werden, was der Cambridge Professor aus Erlangen mit seiner Kohlschen Erfahrung und seinem kriminal- psychologischen Verständnis nur zu deutlichst heraus gearbeitet wissen will, was jedoch dem Kollegen aus den Verwaltungswissenschaften die Black Box in Erinnerung bringt, in der aber auch alle Initiativen totgeschlagen werden, in dem sie ausgesessen und auf die lange Bank geschoben werden, um nach erfolgreicher Präsentation im Nimmernie eines Nirgendwo zu versickern. Die Bundeskanzlerin guckt interessiert, so etwas hatte sie noch nie gehört, formulierte sich doch auf diese Weise eine leise Kritik an ihrem Führungsstil, der in ihrer charmanten Art nichts entgegenzusetzen war außer die eheliche Frage: Wie lässt sich das mit mir ändern?, denn die Verwaltung war eine ihrer Herzensanliegen, denn sie waren das Kernstück der Verhäuslichung für die ihre emanzipatorische Politik stand und fiel sie darüber wäre es um sie geschehen, doch Henning bot ihr hilfreich stützend seinen starken Arm, denn er war vertraut mit dem Bundeskanzleramt und dem Nachdenken Wollen dort wie in anderen Ministerien war seine Geduld im Ernst an den Grenzen tauchte ein Bewusstsein für die wirtschaftliche Stärke der Gesamtgesellschaft in Relation zur individuellen Wirtschaftskraft auf ging die Tür, denn das sei der Blinde Fleck, denn die Selbsteinschätzung und zwar die realistische im Gesamtzusammenhang, galt es zu schärfen, was ein Licht auf die Familienunternehmungen warf und derart eines auf die akademischen Perspektiven und die handwerkliche Facharbeit, die es mangels Nachwuchs zu importieren galt und dem dürften keine Grenzen und Beschränkungen auferlegt werden, denn es fehlten die jungen Menschen in den Hörsälen gähnte Leere, denn sie machten Kinder im Café plauderten sie über alles ließ sich reden nur nicht darüber, dass der Jugendimport, der Studiimport forciert werden müsse, genauso wie der von arbeitslosen Spaniern und Griechen, die natürlich in Konkurrenz zu den hiesigen Altersgenossen im regionalen Caféraum kämen, so dass es Spannungen gebe auch bei ihm in der Familie, denn die Tochter wolle Hindi lernen und denke gar nicht ans Jurastudium, womit er seinen Schneeball Effekt erklärte den die Bundeskanzlerin nur noch ermüdet und gelangweilt mit einem anerkennenden Stirnrunzeln hinter der Maske eines aufmunternden Lächelns durchwinkte, denn natürlich, der Herr Professor war stärker und konnte schneller zur Entenkeule greifen, denn er habe mehr Durchsetzungskraft, so dass sie nur auf seine Inputs warten könne, die die Verteilungsfragen klärten, denn die seien es, was ihre offene Hand belegte, während ihre Gestik ansonsten weiblich verhalten das hohe Niveau des erlauchten Akademikerpublikums unterstrich. Kluge Menschen und ein attraktiver Moderator an ihrer linken Seite gestalteten ihr Auftreten als ein nachhaltig erfolgreiches bei dem sie diesen Leuten ihre Zugehörigkeit vermittelte, denn sie hatte von diesen anerkannt zu sein, um des Zuspruchs des Bildungsbürgertums in den kommenden Wahlauseinandersetzungen sicher zu sein gehörte ein kräftiger Schuss Kritik dazu, so das ihre Stärke war die Kraft gerade den christsozialen Arbeitnehmerflügel und die karitativen Einrichtungen für sich zu vereinnahmen, so dass nach ca. einer Stunde der Gesprächsfaden ins Rollen kam und jeder der hohen, um nicht zu sagen höchsten Zuhörerin im Saal seine Meinung, seine Sorgen, wie die des Alterns, des Schönheitszerfalls, der Gesundheit, des Sterbens nahe zu bringen suchte, was sie rührte, denn das Thema des Sterbens, des Abtretens, des aus dem Arbeitsleben Scheidens rührte sie und forderte, dass sie diesbezüglich deutlich machte, sie sei da und ein Ansprechpartner, eine gebrauchte, nützliche, hoch begabte und begehrte Mama, eine Volksmama für die Schicksalsgemeinschaft, die in der Euro Krise, in der Staatsschuldenkrise Kaffee und Kuchen reichte, damit die Herren zu einem erfolgreichen Ergebnis kämen und das könne sie doch Dank ihrer Kekse und ihres Tees und das sei doch ihre Aufgabe und die könne niemand so gut erfüllen wie sie, oder?, fragte sie bittend in die Runde aus der ihr betretenes Schweigen entgegen kam, worüber sie gekonnt hinweg zu reden wusste, was ihre Leistungsfähigkeit unterstrich und sie überlegen ließ demnächst junge Internetfirmen auf ihrer Terrasse im Bundeskanzleramt unter dem großen Sonnenschirm hoch über der Stadt zu besuchen, um mal etwas aus dieser Ecke zu hören und zu sehen, was den Informatiker aufrief von seinen Sorgen in seinem digitalen Space zu klagen, was die Piraten im Raum als Hoffnungsschimmer des Machterhalts glänzen ließ, denn so einfach sei es nicht sie zur Abdankung zu bringen, denn sie repräsentiere die größte, beständigste und stärkste Volkspartei im Lande herrsche deshalb Ruhe und Ordnung, Friede und Wohlstand sei mit dir am Ende beginne der Anfang mit dem Zerfall aller Parteien, Gewerkschaften und Kirchenaustritte vaporisierten auch die nationalstaatlichen Institutionen, so dass nur ihr Amt bliebe und der Stuhl auf dem sie sitze sei fest und könne von niemand anderem eingenommen werden oder sehen Sie jemanden anderen in meinem Rücken? … Warte!, rief ich sehe jemanden mit Brutus' Messer ist eine Standard Assoziation an dieser Stelle Kitsch und Klischee und sonst weit und breit nichts und dann allerhand Staub, aufgewirbelt am Horizont, als wäre es eine größere Masse, die sich von der hohen Warte sehen lässt, doch darin niemand und nichts, dass auf die Höhe ihres Pyramidentempels hin zu ihrem Stuhle käme bis jetzt sagt der Blick durchs telegene Rohr in die Ferne und entdeckt Bauten, Gerüste werden Türme, die die Gesellschaftskräfte vereinen sich zu einer Person. Das zu klären, war ihre Absicht. Zufrieden lehnte sie sich unbemerkt vom forschenden und experimentierenden Expertenpublikum zurück. Es gab niemanden. Super! Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die mächtigste im ganzen Land? Und der Spiegel antwortete: Es gibt den Betrieb des Lernens, des Entwickelns und des Weitermachens, als wenn nichts gewesen wäre, was etwas neues hervor bringt. Nachher, warf sie ein und ließ absichtlich das Fragezeichen übertünchen, wodurch es zu einem herrischen Befehl geriet, der neugierig aus dem Publikum ergänzen ließ: Nach der Wahl oder noch vorher?, woran sich sofort Glaubenskräfte hängten und miteinander rangen, denn es war eine Sache des spekulativen Glaubens oder setzen Sie auf jemanden anderen als auf die Gastgeberin? Dann nennen Sie den Namen!, was natürlich nicht ungefährlich war und den forschenden Geist analysieren und gleichzeitig antworten ließ, denn es ja ein gesellschaftlicher Vorgang, der vor allem die SPD Kandidatenschaft plus der Dame aus NRW ins Auge fasste, was nun bis zu Hannah Arendt reichte und bis zu meinem Ich, das diesen Gesellschaftsprozess begleiten sollte oder etwa nicht Fragezeichen und eine lange Erwiderung der Kanzlerin, die sich gleichfalls mit ihrem Ich – Mist!, fluchte sie da – gemeint sah, wobei sie humorvoll und vergnügt lächelte und sprach: Auch ich war einmal jung und wie Sie voller Tatendrang und Hoffnung etwas zu erreichen, etwas zu bewegen. Heute kann ich Ihnen sagen, ich begleite diese Prozesse, ich lenke sie mit Kaffee und Kuchen und zwar zum Schutze der Menschen, wozu vor allem die Datensicherheit meines Geschreibsels gehört. Die Kanzlerin war mit dieser langen Erwiderung, die ziemlich anerkennend durch die Kraft ihrer Herabwürdigung wirkte, an ein Ende gekommen, so dass der Herr Kollege von der Erzeugungsabteilung des kollektiven Bewusstseins davon schwärmte, ein Feuer zu entzünden, in dem Klartext gesprochen würde, Uli horchte auf, es ging um Zertifizierungen zur Abgrenzung von Pfründen, was einige Gier angesichts von Möglichkeiten sowie Durst und Hunger auf mehr sollte gestillt werden von der Frage, wie es angesichts der Bewusstwerdung der aufgekommenen Sachverhalte weitergehen könnte es durch Verführung, Verlockung, Köderung in Richtung Diskurs zwecks Involvierung, so dass sie an der Spitze liegt es sieht gut aus in der Backform brillieren die Tantiemen der Exzellenz abschöpfend antwortete die Bundeskanzlerin, dass man nur vertrauen Sie mir, auf der Zeitachse ist alles bis zu den Wahlen gesichert und was dann käme, liege ja an Ihnen und sollten Sie an den Erfolgen bemessen, die Sie sich erarbeiten, was für Ihre Begleitungsarbeit eine gewisse Selbstverpflichtung bedeutet und ins Wahlkampfbudget gehört Beifall, wenn denn alle fleißig an der Schicksalsgemeinschaft weiterarbeiten, die die, so hob sie hervor, Selbsteinschätzung im europäischen Gesamtkontext besser, realistischer, genauer werden ließ und damit dürfe es nicht stehen bleiben, sondern würde zu effektiveren Einsichten führen, was nichts mit spekulativen Glaubenskräften zu tun habe, denn die seien marginal und von keiner Bedeutung und ohne große Effekte weder an der Börse noch auf dem Bankkonto noch im Bett funtionere es, was sie bedauere sich aber mittels Viagra, Klartext, lösen läßt, ließe sie von ihrer Negativkraft ab, die im Winter viele Menschen nicht auf die Straße ließe, weil sie sich nicht trauten und deshalb Antidepressiva nötig mache und eine Herbst nahe Ausbildung nahe lege, womit sie aus dem Nähkästchen plaudere, denn auch für Krebs gebe es eine Prophylaxe, wie eine Studie aus Heidelberg belege, habe die Kriminalforschung gezeigt, es gehe anders, wenn der Knast regider und die Familienerziehung strenger und das Recht auf Arbeit abgeschminkt würde sie nachher vor dem Spiegel täten sie es ohne die Wirtschaft zu überfordern, was eine ganz wichtige VIP Wachstumsfrage für die Bürger ist der Klimawandel und das Grönlandeis wichtiger als akademisches Ringelpietz, weshalb sie zu einem Ende käme, das durch nachhaltige Wirtschaftlichkeit, Energiewende und wovon wollen wir leben Themen wie Sozialpartnerschaft und Assets offene Fragen über Fragen generiere und den Generator zur Energiegewinnung in den Kühlschrank transponiere, denn der sei die Schnittstelle für die Akzeptanz, die die Hürde für die Begründungsnotwendigkeiten seien doch gar nicht über die Landschaft gestolpert auf Krüken nach dem Krieg und der Schlacht hätten die Krähen die Herausforderung gegen gecheckt und im Verwaltungsprozess besser kommuniziert, damit die Bürger und Bürgerinnen daneben sitzend dabei sein können sie per Internet im Lifestream dank Vernetzung ergibt sich der Wahlslang, der bei jedem ankomme und aus dem großen Korb der Wahlgeschenke habe sie für jeden etwas ins Mehrgenerationenhaus gleich EplusHaus lege sie auch für mich eine besondere Rendite, sagte die Bundeskanzlerin ist auf der EuroKonferenz machen wir das so wie immer haben sie aufgegriffen, was es zu greifen gab stand im Newsletter der Experten, die immer noch zu hören waren, was sie von Canabis blubberte, um im online Dialog zu punkten braucht es Twitter bringt höchste Einschaltquoten, denn sie wissen ja, wir brauchen andere Kaliber, Größen, was ganz und gar nicht herabwürdigend zu verstehen sei, sondern realistisch, was Henning zu den Abschiedsworten verleitete, es sei ein Benchmark gesetzt worden über und unter das nicht mehr zu kommen sei und man sehe sich beim Empfang bei einem Kaffee im Kanzleramt und kommen Sie wieder, es hat uns gefreut, Danke, Applaus, aufstehen, raus, geh!



Autogrammstunde

Schon vor dem Betreten des Saals im Bundeskanzleramt sah Uli einen Tisch auf dem das Buch zum Expertendialog in Türmen aufgestapelt auslag. Kaum war die Abschlusskonferenz vorbei, strömten die Wissenschaftler aus dem Saal und binnen kurzem waren diese Buchtürme mit Freiexemplaren vergriffen. Uli zögerte, ob er sich auch eines nehmen sollte. Er war im Zwiespalt, denn was interessierte ihn das Gerede dieser CDU Bundeskanzlerin und der vor ihren Karren gespannten Akademiker. Er fand, sie sollte so schnell wie möglich aus dem Bundeskanzleramt verschwinden. War es insofern Verrat an der eigenen Sache, wenn er sich jetzt schnell noch eines der übrig gebliebenen Bücher nahm? Beförderte er womöglich durch sein derart zum Ausdruck gebrachtes Interesse ihre Wiederwahl? Es galt, sich nicht so wichtig zu nehmen. Andererseits, er war sich selber bedeutsam.´Ohne weiter nachzudenken handelte er. Wie so oft in solchen Situationen war sein Tun gleich einer Entscheidung – er nahm sich eines der restlichen Bücher. Erst packte er es in seine Aktentasche, dann sah er eine Menschentraube vor dem Südausgang und wusste, was zu tun war, aber er wollte es nicht. Alle möglichen Argumente listeten sich in ihm auf, das, was zu tun war, nicht zu machen. Ihm war klar, in der Menschenmenge schüttelte die Kanzlerin Hände und fand freundliche Worte für jeden, der sich ihr näherte. Es war der Empfang nach dieser Konferenz. Nun gut, er gab sich einen Ruck, holte das Buch wieder aus der Aktentasche hervor, stellte diese am Saaleingang ab, sich dessen gewiss, dass an diesem Ort und von diesen Menschen kein gemeiner Diebstahl zu erwarten war, und schritt Richtung Menschentraube. Es handelte sich wahrlich um ein gediegenes Publikum. In Grüppchen standen sie miteinander im Gespräch, während die Kanzlerin von einer Gruppe zur nächsten Schritt, dabei fortwährend im Gespräch, so dass sich die Gewissheit unter den Anwesenden verbreitete, sie würde auch zu ihnen kommen. Insofern sah sich Uli mit seinem Anliegen als Eindringling, als Störenfried, als außergebührlich aus der Reihe tanzender, als jemand, der sich mit einem besonderen Interesse Vorrang verschaffte und andere beiseite drängte. Er zögerte, stand wartend abseits mit dem Buch in der Hand, sah, wie die Kanzlerin zu einer nächsten Gruppe überwechselte und zwar auf ihn zukommend. Er fühlte sich so schlecht. Wie konnte er nur auf diese Frau, von der er hoffte, dass sie alsbald ihr Amt abgab, zugehen und sie bitten, eine Widmung in ihr Buch - zumindest prangte sie mit einem telegenen Lächeln vom Umschlagbild - zu schreiben, nicht für ihn, sagte er ihr, während sich aus dem Hintergrund eine andere Frau mit dem Ausruf hinzudrängte, auch sie habe diese Idee gehabt, als er der Kanzlerin nach einem Zögern, ob er es denn tun sollte, die Hand reichte, die, gleichfalls zögernd, ihm entgegen kam und sich darum als ein kraftloses, unverbindliches, bedeutungsloses Patscherchen in die seine legte, wobei ihm schien, sie ahne, dass er falsch und heuchlerisch um ihren Gunstbeweis herumschleiche, denn ihm war, sie schaue ihm in sein Herz und wisse darum, wie es mit ihm stehe. Schon wollte er ihr seinen Stift für die Widmung reichen, doch, als wenn sie einen solchen von ihm ablehne, griff sie lieber zu einem anderen, der ihr mit freundlicher Aufmerksamkeit von einem der dabei stehenden Herren gereicht wurde. Sie schwamm in wohlwollender Aufmerksamkeit um sich her und hatte sich wahrlich um nichts weiter zu kümmern. Sie signierte, was Uli natürlich zu wenig war, denn er wollte eine Widmung, sie resignierte, als er bat, ob sie das Buch seinem Onkel, Herrn Kiechermann, widmen könne. Also schrieb sie denn: Für Herrn Kirchmann, was der schlechten Akustik, seiner schlechten Aussprache und seiner Feigheit geschuldet war, sie zu korrigieren, was ja auch nichts geändert hätte, denn schon stand es da und ehe sie mit Ungeduld drohen konnte, zog er es vor, sich unter Dankesbekundungen, die zu anderen Zeiten mit tiefsten Verbeugungen einhergegangen wären, aus ihrem unmittelbaren Dunstkreis zurück zu ziehen, wobei er nicht schlecht staunte, einen Druck und leisen Schmerz auf seinem Herzen zu verspüren. Was war das? Die Strafe für seine Falschheit, für sein heuchlerisches Verhalten? Er sollte doch wissen, dass es ihm nicht gut täte, sich jemandem unter der Tarnkappe freundlicher Gesonnenheit zu nähern, wenn sein Herzensanliegen doch das glatte Gegenteil war. So mache er sich nur zu einer falschen Schlange, schimpfte es in ihm, nämlich zu einem Wurm, einem Bücherwurm und dabei wisse er, dass er eine Schlange sei, eine gefährliche Schlange, die, wenn sie zubisse, Mäuse, Ratten und kleine Häschen töte. Insbesondere letztere seien doch ein Leckerbissen, spottete es in ihm weiter, während er sich erst an den Rand der umstehenden Grüppchen und dann zum Buffet hin absonderte, seine fragwürdige Beute kritisch beäugend, weil sie ihm nämlich ein ziemlich schlechtes Gefühl eingab. Aber was war das für eines? Der innere Beobachter hatte ihn genau gesehen, hatte ihn ertappt mit seinem Geltungsstreben, mit seiner Gier nach Anerkennung, mit … es war eigentlich belanglos, wobei und womit. Sie hatten ihn ertappt, gesehen, bloß gestellt und alle wussten es, was, war gleichfalls egal. Es war eine Kanonade von Schimpf und Schande, die in diesen Momenten über ihm nieder ging, ziemlich vernichtend. Hinterher bemerkte er, dass dasselbe Phänomen schon bei der Annäherung um die Kanzlerin wie ein fester Ring um sie herum angelagert war. In seiner Ich-Bezogenheit hatte er den Leuten, die dort in Gesprächsgrüppchen so taten, als sei es das selbstverständlichste sich im Bundeskanzleramt nett zu unterhalten, tat man es doch oft genug auch woanders nach und vor Konferenzen, Premieren und auf Empfängen, keine Beachtung geschenkt. Er hatte diesen Menschen keinen Einfluss auf seine Befindlichkeit zugebilligt, weil er sie pauschal als Parteigänger der CDU Kanzlerin verbuchte. Wahrscheinlich war dem nicht so. Vermutlich liefen im Foyer noch ganz andere Filme ab und die jeweiligen Stars hießen Gier, Neid, Ruhmessucht, Mittelpunktstreben, Machtgier und Ehrgeiz. Nur mühsam wurden sie in Schach gehalten von ein paar vernünftigen Kräften wie Ehrlichkeit, Offenheit und Selbstvertrauen, ganz zu schweigen von der Liebe zu den Menschen, diesem zänkischen Geschlecht.




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